Hagel und Solarzellen: Was passiert eigentlich mit defekten PV-Modulen?

Photovoltaikmodule können über Jahrzehnte halten. Doch ein einziger Hagelsturm kann im Nu einen ganzen Solarpark zerstören. Wohin mit den kaputten Modulen? Wie sieht es aktuell mit dem Recycling aus? Bei immer mehr Neuanlagen kann uns in Zukunft gar eine gewaltige Entsorgungsflut drohen.
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Ein Sturm mit größeren Hagelkörnern hat eine Solaranlage stark beschädigt.Foto: iStock
Von 27. Juli 2023

Am 23. Juni fegte ein gewaltiger Sturm über die Gemeinde Scottsbluff in Nebraska (USA) und deren Freiflächen-Solarpark. Die großen Hagelkörner, die das Unwetter mit sich brachte, zerstörten dabei die meisten Photovoltaikmodule der Anlage. Diese hatte eine maximale Leistung von über 5,3 Megawatt.

Die Anlage mit 14.000 Solarmodulen mit je 380 Watt musste bis auf weitere Untersuchungen vom Stromnetz getrennt bleiben, berichtete „Renewable Energy World“.

Die Zerstörung der Anlage bedeutet einen Großauftrag für die zuständige Versicherung. Sowohl der Ausfall der Vergütung als auch ein Wiederaufbau der Anlage durch neue Solarmodule schlagen nun zu Buche. Gleichzeitig müssen die zerstörten Module, die einen Großteil der Anlage ausmachen, fachgerecht entsorgt werden.

Die meisten Befürworter von Solarenergie setzen auf das Recycling von Photovoltaikanlagen. Mit immer mehr Solaranlagen fällt im Laufe der Zeit automatisch immer mehr Elektroschrott aus kaputten Solarzellen an. Jedoch werden laut „Blackout News“ nur etwa zehn Prozent der defekten Module tatsächlich recycelt. Zudem liefert nur ein kleiner Teil einer einzelnen Zelle verwertbare Mineralien.

Was passiert eigentlich mit defekten PV-Modulen?

Auch starke Stürme können Solarmodulfelder beschädigen. Foto: iStock

Versicherer: Brand und Unwetter häufigste Schadensfälle

Solche Schäden wie der in den USA kommen auch in Deutschland gelegentlich vor. Neben Sturm- und Hagelschäden zählen in der Schadenspraxis Brand, Blitzschlag (einschließlich Überspannung durch Blitzschlag) und Schneedruck zu den häufigsten Schadensfällen bei Photovoltaik(PV)-Anlagen von Privathaushalten. Das teilte Holger Brendel, Pressesprecher der HUK-COBURG, auf Anfrage der Epoch Times mit.

„PV-Anlagen auf dem Dach oder im Baukörper integriert sind in der Regel versicherte Sachen im Rahmen einer Wohngebäudeversicherung“, erklärte Brendel. Hier bestehe gegen die jeweils vereinbarten Gefahren wie Brand oder Naturgefahren Versicherungsschutz. Einen erweiterten Versicherungsschutz für diese Anlagen gebe es in der Regel gegen einen Zusatzbeitrag.

Kommt es zu einem Schadensfall, muss laut Brendel der Versicherer die Entsorgungskosten defekter Photovoltaikmodule regulieren, sofern ein Versicherungsfall gegeben ist. Wie häufig es bei PV-Anlagen zu einem Versicherungsfall kommt, konnte uns der Versicherungsverein nicht mitteilen. Hierzu gebe es „leider keine Statistik“.

Was tun mit kaputten Modulen?

Privatpersonen können derzeit kostenlos ihre ausgedienten PV-Module bei Wertstoffhöfen abgeben. Dies sieht das Elektrogesetz (ElektroG) vor, teilte Andreas Habel, Pressereferent beim Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung, auf Anfrage der Epoch Times mit. „Dabei muss die Menge einer haushaltsüblichen Menge entsprechen.“

Vom Wertstoffhof kommen die Module über das zuständige Sammelsystem dann zu einem Entsorgungsunternehmen. „Module aus dem B2B-Bereich (Business-to-Business) können die entsprechenden Unternehmen direkt über das Sammelsystem oder einen Entsorgungsbetrieb entsorgen“, erklärte Habel.

Der Preis für eine fachgerechte Entsorgung eines Dickschichtmoduls mit stabilem Alu-Rahmen beziffert der Bundesverband auf aktuell 92,50 Euro.

Wie gut lassen sich PV-Module recyceln?

Die Reiling Unternehmensgruppe kooperiert als Spezialist für Glas-, Kunststoff- und PV-Recycling mit dem Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung. Laut dem Pressereferenten testet die Firma Reiling zunächst optisch intakte Module hinsichtlich ihrer Leistung und elektrischen Sicherheit. Bestehen die Module die Tests, können sie auf dem Gebrauchtmarkt weiter zum Einsatz kommen.

Defekte Module landen in einem mechanischen Aufbereitungsprozess. Hierbei wird das Modul zunächst zerkleinert, anschließend werden die einzelnen Bestandteile durch verschiedene Sortierverfahren voneinander separiert.

„Beim Recyclingprozess können Endprodukte wie Glas, Aluminium, Leiterbahnen sowie eine Kabel‐ und Folienfraktion zurückgewonnen werden“, sagte Habel. Bis auf die Folie könnte die Industrie alle wiedergewonnenen Sekundärrohstoffe für neue Produkte wiederverwenden.

Problemkind Silizium

Etwas kritischer sieht das B.F. Randall, ein Experte in der Solarbranche. Er erklärte: „Ein Solarmodul enthält im Verhältnis zum Volumen des Moduls sehr wenig Mineralien. Also, es ist einfach nicht etwas, das man in diesem Sinne recyceln kann.“

Laut Randall kann das in Solarzellen enthaltene Polysilizium überhaupt nicht recycelt werden. Für die Herstellung von Solarzellen mit einer Leistung von einem Megawatt braucht man drei bis fünf Tonnen Polysilizium.

Um es herzustellen, vermischt man Siliziumdioxid mit Kohlenstoff, der meistens aus Kohle stammt. Nutzbar sind auch Holz oder Grafit.

Die Mischung kommt in einen Ofen mit etwa 2.000 Grad Celsius. Daher benötigt man große Mengen an dauerhafter Energie, um die für den Prozess benötigte Hitze zu erzeugen. Bei jeder produzierten Tonne Polysilizium entstehen drei bis vier Tonnen Siliziumtetrachlorid, eine hochgiftige Verbindung.

Der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) bestätigte, dass derzeit noch daran geforscht wird, das Silizium und Silber in den PV-Modulen zurückzugewinnen. In einem Forschungsprojekt mit dem Fraunhofer CSP (Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik, Halle) soll es der Firma Reiling bereits gelungen sein, ein Recyclingverfahren zur Rückgewinnung des Siliziums sowie von Edelmetallen wie Silber zu entwickeln.

Erwartet uns künftig eine Entsorgungsflut?

Aktuell gibt es in Deutschland laut „Strom-Report“ 2,6 Millionen PV-Anlagen mit einer installierten Maximalleistung von 71 Gigawatt – und es werden ständig mehr. Der Bundesverband rechnet bereits mit einer stark steigenden Menge von Altmodulen in der Zukunft. „Aktuell ist es also wichtig, ein Recyclingkonzept zu entwickeln, welches nicht nur die Wertstoffe eines Photovoltaikmoduls zurückgewinnt, sondern ebenfalls mit den stark steigenden Mengen umgehen kann.“

Einige Non-Profit-Organisationen schicken Module für den Gebrauchtmarkt in Entwicklungsländer. Mit ihrer geringen Menge an Strom, die sie noch erzeugen, kann diese für Menschen ohne Zugang zu anderen Energiequellen noch einen Nutzen haben. Allerdings könnte sich hierbei die Intention verbergen, unser mögliches „Müllproblem“ zu exportieren.

„Dies könnte ein Grund sein, warum die Menge an Altmodulen nicht an die prognostizierten Mengen herankommt, da diese Exportmengen nicht in Statistiken erfasst werden“, analysierte Habel. Sicherlich seien einige dieser Module für eine Wiederverwendung geeignet. „Gleichzeitig liegt aber auch der Verdacht nahe, dass viele von den exportierten Modulen schlicht defekt sind.“

Die rechtliche Lage sei eindeutig: „Exportiert werden dürfen nur funktionstüchtige Geräte und dieser Nachweis ist über eine Funktionsprüfung zu erbringen. Ein Export von Altgeräten ist verboten.“ Leider gebe es in diesem Bereich ein Vollzugsdefizit. „In Deutschland sind die Strukturen für ein Photovoltaik-Recycling geschaffen, durch den illegalen Export gehen Deutschland indes notwendige Sekundärrohstoffe verloren“, bedauerte Habel.

Die exportierten PV-Module fallen direkt oder nach ihrer Lebenszeit als Abfall in den Exportländern an. „Ein mit Deutschland vergleichbares Entsorgungskonzept existiert dort meist nicht. Umwelt- und Gesundheitsrisiken werden in Kauf genommen.“



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