Nach dem Wärmepumpendesaster kommt der Dämmhammer

In einem Gastkommentar spricht der ehemalige Hamburger Umweltsenator Prof. Fritz Vahrenholt über die neuen EU-Gebäuderichtlinien zum Schutz des Klimas, über saubere Kohlekraftwerke und dass Deutschland – noch – technologischer Vorreiter beim Klimaschutz ist.
Nach dem Wärmepumpendesaster kommt der Dämmhammer. Foto: iStock
Nach dem Wärmepumpendesaster kommt der Dämmhammer.Foto: iStock
Von 6. Juni 2023

Im Mai 2023 ist die Abweichung der globalen Temperatur vom 30-jährigen Mittel der satellitengestützten Messungen der University of Alabama (UAH) infolge des sich im Pazifik anbahnenden El Niño angestiegen, und zwar auf 0,37 Grad Celsius. Der Temperaturanstieg beträgt im Durchschnitt pro Jahrzehnt seit 1979 lediglich 0,13 Grad Celsius.

El Niño ließ die Temperaturen im Mai auf +0,37 °C über das 30-jährige Mittel steigen. Die langfristige Erwärmung liegt unverändert bei 1,3 °C pro Jahrhundert. Foto: Dr. Roy SpencerUniversity of Alabama, Huntsville

Nach dem Wärmepumpendesaster kommt der Dämmhammer

Am 9. März 2023 war für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Welt noch in Ordnung. Sein Staatssekretär hieß noch Patrick Graichen und der Zorn der Bürger über die Übergriffe des Ministers in deutsche Heizungskeller war noch nicht spürbar.

Damals kündigte er schon den zweiten Angriff auf die deutschen Heime und Häuser an. In seinem Werkstattbericht „Wohlstand klimaneutral erneuern“ kündigte er an, dass „die EU-Gebäuderichtlinie, insbesondere die dort enthaltenen Mindesteffizienzstandards zügig umgesetzt werden“. Worum geht es dabei?

Das Europäische Parlament hat mit Mehrheit beschlossen, dass ab dem 1. Januar 2030 sämtliche Gebäude die Gesamtenergieeffizienzklasse E und ab 2033 die Effizienzklasse D erreichen müssen. Damit besteht in Deutschland eine Sanierungspflicht von 6 Millionen Häusern bis 2033, wie der Europaabgeordnete Pieper (CDU) berichtete.

„Die Ersparnisse bei den Energierechnungen kompensieren die Sanierungskosten nicht annähernd“, stellt Axel Gedaschko fest, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). „Die fälligen Investitionen würden sich auf jährlich mindestens 125 Milliarden Euro belaufen.“ Eines ist unabweisbar: damit würde Wohnen ein weiteres Mal erheblich verteuert, aber auch Investitionen in neue Wohnungen unwirtschaftlicher.

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Das Beste ist nicht gut genug

Man fragt sich wirklich, was die handelnden politischen Kräfte bewegt: in einer eklatanten Energiepreiskrise, in einer dramatischen Wohnungsknappheit bei anhaltend hohem ungesteuertem Zuwanderungsdruck Wohnungseigentum unter dem Banner des Klimaschutzes massiv zu verteuern – das kann man nur mit einer unglaublich weiten Distanz zu den Problemen der Bürger des eigenen Landes erklären.

Habeck und die EU nehmen nicht einmal zur Kenntnis, dass Deutschland einen der besten Energieeffizienzstandards des Wohnungsbestandes in Europa hat. Aber die Standards sind unterschiedlich. Was in Deutschland einem Effizienzstandard G entspricht, ist in den Niederlanden ein C und in Frankreich noch ein D. Deutschland müsste also mehr tun als andere Länder, obwohl es den besseren Standard hat. Aber deutsches CO₂ – das haben wir mittlerweile gelernt – ist aus grüner Sicht viel schlimmer als das CO₂ aus anderen Ländern, sei es aus den Niederlanden oder aus China.

Warum günstig, wenn es auch teuer geht?

Die Begründung, den CO₂-Ausstoß von Wohnungen durch drastische Verbote und Gebote zu regeln, kommt von grüner Seite mit folgendem scheinheiligem Argument: Man wolle die Verbraucher durch Dämmung- und Wärmepumpenvorschriften schützen, da die CO₂-Preise stark ansteigen werden. Kosten von 16.000 Euro für eine Gasheizung eines 4-Personen-Haushalts werden durch die grüne Bundestagsfraktion an die Wand gemalt. Tatsächlich plant die EU einen CO₂-Emissionshandel auch für Gebäude und Verkehr ab 2027. Allerdings hat die EU Vorkehrungen getroffen, dass die Abgabe nicht über 45 Euro pro Tonne CO₂ (€/t CO₂) steigen wird.

Bislang gibt es nur in einzelnen Ländern eigene CO₂-Abgaben für Gebäude und Verkehr, darunter Deutschland und Österreich. Die CO₂-Abgabe ist zurzeit auf 30 Euro begrenzt und soll bis 2025 auf 45 €/t CO₂ ansteigen. Kaum vorstellbar, dass Deutschland seinen Bürgern in Zukunft mehr abverlangen will, als die europäische Norm für 2027 vorschreibt.

Die Abgabe belastet Erdgas zurzeit mit 0,54 €ct/kWh. Das werden dann langfristig eher 0,80 €ct/kWh sein – ärgerlich genug, aber nicht einmal eine Zusatzbelastung von 10 Prozent des heutigen Gaspreises. Kein Grund also, die Bürger in Angst und Schrecken zu versetzen und mit Gasrechnungen von 16.000 Euro pro Jahr zu drohen, zumal der CO₂-Preis in der Hand der Bundesregierung liegt. Wie nennt man eine solche politische Kommunikation? Scheinheilig? Oder besser hinterhältig?

Ich habe jedenfalls in den vergangenen Wochen einen funkelnagelneuen Gas-Brennwertkessel für mein Haus bestellt und vermeide damit mehr CO₂ im Winter als die CO₂-belastete Wärmepumpe des Robert Habeck.

Das bestgehütete Geheimnis von RWE

In meinem letzten Newsletter schrieb ich über die Tatsache, dass mit einem Bruchteil der Kosten, die die Bürger für das Wärmepumpendesaster des Robert Habeck zu zahlen haben, ein Vielfaches an CO₂ durch eine CO₂-Abscheidung bei den noch bestehenden Braunkohlekraftwerken erreichbar wäre. Mit einem Zwanzigstel der Kosten würde fünfmal so viel CO₂ vermieden. Ich schrieb über das Wunder von Hohenmölsen, wo mir von einem Vertreter der LEAG mitgeteilt wurde, dass die CO₂-Abscheidungsanlage in Schwarze Pumpe noch steht.

Nun bekam ich erneut Post – von einem Mitarbeiter von RWE. Ob ich vergessen hätte, dass RWE seit der Zeit von Jürgen Grossmann im Jahre 2009 (ich war damals sein Geschäftsführer für Erneuerbare Energien) eine voll funktionsfähige Pilotanlage zur Abscheidung von CO₂ in einem Teilstrom des Braunkohlekraftwerks in Niederaußem betreibt. Und sie laufe immer noch erfolgreich.

Offen gestanden, ich hatte das verdrängt. Denn der Vorstandsvorsitzende Dr. Markus Krebber hatte mit großem Brimborium Herrn Minister Habeck ohne Not vertraglich zugesichert, die Braunkohlekraftwerke im rheinischen Revier bereits im Jahre 2030 abzustellen. Jeder Vorstandsvorsitzende hätte doch die Möglichkeit genutzt, auf die fantastische Entwicklung von RWE, BASF und Linde hinzuweisen, die CO₂-Neutralität bei Kohlekraftwerken ermöglicht, oder? Der Ex-Kollege von RWE schickte mir das eindrucksvolle Bild der Anlage.

Kraftwerk Niederaußem. Foto: HDM / RWE AG

Deutschland, (noch) Vorreiter beim Klimaschutz

Die Entwicklung von RWE, BASF und Linde ist mittlerweile als Stand der Technik anzusehen: Die Abscheidung von über 90 Prozent des CO₂ aus einem Teilstrom des Abgases ist auf Dauer nachgewiesen, die Kosten belaufen sich auf sagenhafte 30 €/t CO₂. Der Wirkungsgradverlust beträgt weniger als 10 Prozent – das heißt: anstatt 43 Prozent Wirkungsgrad nur 39 Prozent.

Niederaußem soll also 2030 einschließlich der Abscheideanlage stillgelegt werden. Die Technik könnte die Emission und die CO₂-Kosten von Braunkohlestrom massiv reduzieren (30 €/t CO₂ anstatt 100 €/t CO₂ Zertifikate), selbst wenn für die Verpressung noch 50 €/t CO₂ anzusetzen wären. Das abgeschiedene CO₂ aus Niederaußem ist übrigens so rein, dass es in der Getränkeindustrie für Sprudelflaschen eingesetzt wird.

Die Technik der OASE-Aminwäsche von BASF in Niederaußem hat das Zeug, weltweit die führende Abscheidetechnologie zur Lösung des CO₂-Problems – auch bei Kohlekraftwerken – zu werden.

RWE plant CO₂-Abscheidung – aber nicht in Deutschland

Und selbst RWE will es zur Anwendung bringen – aber nur in England für die dortigen Gaskraftwerke des Konzerns. „CCS-Projekte könnten in Zukunft Stromerzeugungskapazitäten von bis zu 4,7 Gigawatt sichern und pro Jahr 11 Millionen Tonnen CO₂- Emissionen vermeiden“, heißt es stolz auf der Webseite von RWE. Es geht um die Gaskraftwerke Pembroke, Wales und Staythorpe. RWE spricht von „grünen Gaskraftwerksprojekten“.

RWE-Projekte zur CO₂-Abscheidung in Großbritannien. Foto: RWE

Auch in den Niederlanden möchte RWE CCS einsetzen. Dort will man laut Pressemitteilung Biomassekraftwerke mit der OASE-CCS Technologie betreiben, sodass es sogar zu negativen CO₂-Emissionen kommt. Tatsächlich sind aber die in Rede stehenden Kraftwerke in Eemshaven und Amer bislang gemischte Kohle- und Biomassekraftwerke.

Aber auch E.ON setzt auf CCS. Das Unternehmen ist unlängst beim norwegischen Unternehmen Horisont Energie eingestiegen, um eine Führungsrolle beim Thema CCS zu übernehmen, wie E.ON Chef Leo Birnbaum erklärte. Außer den Regionalzeitungen wie Westfälische Rundschau oder Westfalenpost gab es über diese sensationelle Entwicklung keine Berichterstattung in FAZ, Spiegel, SZ, ARD oder ZDF. Es ist nicht interessant für die Mainstream-Medien. Unsere Medienlandschaft ist fürchterlich parteigrün.

Aber es gibt noch bessere Nachrichten: Die Zementproduktion in Lengfurt von Heidelberg-Zement soll mit einer CO₂-Abscheide-Anlage auf Basis der OASE-Technologie ausgerüstet werden. 70.000 Tonnen CO₂ sollen dort abgetrennt und gereinigt werden und wie die Abgase von Niederaußem in der Getränkeindustrie für kohlensäurehaltige Getränke verkauft werden. Wer sagt es Olaf Scholz, Herrn Ministerpräsidenten Wüst und den ostdeutschen Ministerpräsidenten von Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt?

Die Prognose des Al Gore: Das arktische Meereis verschwindet

Eine gute Nachricht zuletzt. Im Jahre 2007 prognostizierte Al Gore, dass im Jahre 2015 das arktische Meereis im Sommerminimum verschwunden sein wird. Das Meereis hielt sich nicht daran. Seit 2007 ist es überraschend stabil. Man könnte von 2007 bis 2023 eine waagerechte Gerade ziehen. Auch das antarktische Meereis ist stabil. Es ist seit 1979 in der Fläche sogar leicht angestiegen.

Das arktische Meereis binnen der letzten 15 Jahre praktisch nicht mehr geschrumpft. Foto: Fritz Vahrenholt nach Bates et al./GWPF

Über den Autor:

Prof. Dr. Fritz Vahrenholt ist promovierter Chemiker, SPD-Politiker, Manager, Wissenschaftler und Buchautor. Seit 1976 arbeitete er unter anderem im Umweltbundesamt, als Staatsrat bei der Umweltbehörde und als Umweltsenator in Hamburg. Er war Vorstand für erneuerbare Energien der Deutschen Shell AG sowie Gründer und Vorstand des Windenergie-Anlagenbauers REpower Systems.

Seit 1999 ist er Honorarprofessor im Fachbereich Chemie der Universität Hamburg. Sein Bestseller „Seveso ist überall“ (1978) war eines der wirkmächtigsten Bücher in den Anfangsjahren der Umweltbewegung. 2020 erschien sein Bestseller „Unerwünschte Wahrheiten“, 2021 folgte „Unanfechtbar – Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes zum Klimaschutz im Faktencheck“. www.vahrenholt.net

Dieser Artikel erschien im Original auf klimanachrichten.de unter dem Titel: Fritz Vahrenholt: Nach dem Wärmepumpendesaster kommt der Dämmhammer (redaktionelle Bearbeitung ts)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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