Graichen erneut unter Druck: Plagiatsvorwürfe wegen Masterarbeit

Der frühere Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen (Grüne), einer der Väter der deutschen Energiepolitik, soll auch bei seiner Masterarbeit geschummelt haben. Damit erscheint seine gesamte Karriere und Agenda immer fragwürdiger.
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Nach seiner Dissertation steht nun auch die Masterarbeit von Patrick Graichen unter Beschuss. Der ehemalige Staatssekretär war Mitte Mai von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorzeitig entlassen worden.Foto: John MacDougall/AFP via Getty Images)
Von 1. Juni 2023

Ex-Staatssekretär Patrick Graichen (Grüne) gerät immer mehr ins Zwielicht. Nach Informationen des „Blog für wissenschaftliche Redlichkeit“ sieht es danach aus, als habe er sich schon im Jahr 1996 für seine Masterarbeit an der University of Cambridge fremder Quellen bedient, ohne eindeutig auf den Zitatcharakter hinzuweisen.

Nach Angaben des österreichischen Medienwissenschaftlers und Plagiatsgutachters Dr. Stefan Weber enthält Graichens Text „Acid rain and economics“, seine erste wissenschaftliche Abschlussarbeit über die Zusammenhänge von „Saurem Regen“ und Wirtschaft, eine ganze Reihe von Plagiaten. So soll Graichen sich mehrfach bei einer Studie des Wirtschaftsprofessors George E. Halkos bedient haben, in der es um „ein mathematisches Modell zur Bestimmung kostengünstiger Emissionskontrollstrategien in Europa“ geht.

Zitate in Masterarbeit ohne Quellenangabe

Halkos‘ Vorlage („Optimal sulphur emissions abatement in Europe“) war zum Zeitpunkt der Graichenschen Masterarbeit rund drei Jahre alt. Doch der deutsche Student habe in seiner gesamten Arbeit keinen Hinweis auf die Quelle geliefert, erklärt Plagiatsexperte Weber. „Zahlreiche weitere kleinteiligere Plagiate (meist im Umfang von ein bis zwei Sätzen)“ ließen für ihn keinen Zweifel zu: Graichen hatte seine Professoren in Cambridge getäuscht (Details unter „Plagiatsgutachten.com“). „Nun wird sich wohl auch das UK Research Integrity Office mit dem Fall Graichen beschäftigen müssen“, meint Weber.

Mit dem aus Webers Sicht erschwindelten Master phil. aus England in der Tasche galt der damals 24-jährige Graichen bei seiner nächsten Station, der Uni Heidelberg, als qualifiziert genug, um für ein Doktorandenstudium zugelassen zu werden. Graichen promovierte also 2003 über „Kommunale Energiepolitik und die Umweltbewegung“ (PDF).

Doktorarbeit ebenfalls unter Beschuss

In dieser Doktorarbeit fand Weber nach Angaben des österreichischen Onlineportals „Exxpress“ in den vergangenen Tagen „18 zusätzliche Stellen“, die Graichen erneut ohne Zitathinweis abgeschrieben haben soll – zusätzlich zu jenen 30 fehlenden Quellenangaben, die der Plagiatsexperte Jochen Zenthöfer bereits vorher aufgedeckt hatte. Laut „Exxpress“ soll sich der spätere Wärme- und Energiewende-Architekt der Grünen vor allem bei den Umweltsoziologen Karl-Werner Brand, Dieter Rucht, Kai-Uwe Hellmann und beim Politikwissenschaftler Martin Jänicke bedient haben.

Zenthöfers Urteil: Graichen habe „evident“ gegen die Standards „guter wissenschaftlicher Praxis“ verstoßen. Eine „Täuschungsabsicht“ sei „naheliegend“. Weber pflichtet ihm bei: „Man kann ihm [Patrick Graichen] wissenschaftlich nicht trauen“.

Gegenüber der „Bild am Sonntag“ hatte sich Graichen gegen die Vorwürfe Zenthöfers gewehrt: Die beanstandeten Textstellen würden sämtlich aus dem „ersten Teil der Arbeit“ stammen, „der eine historische Hinleitung zum eigentlichen wissenschaftlichen Kern-Thema der Arbeit“ darstelle. Für Weber klingt das nicht überzeugend, sondern eher nach einer „irreführende[n] Relativierung des Plagiatsproblems“. Laut „Tagesschau“ bat Graichen inzwischen selbst um eine Überprüfung des Streitfalls durch die Universität Heidelberg. Das Ergebnis steht noch aus.

Vom Lobbyisten zur rechten Hand des Wirtschaftsministers

Nach seiner Dissertation, zu der es laut Weber gar nicht erst hätte kommen dürfen, machte Graichen bekanntlich eine steile Karriere: unter anderem als Referatsleiter für Energie- und Klimapolitik im Bundesumweltministerium, als Geschäftsführer des Thinktanks Agora Energiewende und schließlich ab Herbst 2021 als Staatssekretär in Robert Habecks grünem Umweltministerium.

Stets verfolgte Graichen Pläne, nach denen Deutschland eine völlig neue Energie- und „Klimaschutz“-Politik bekommen sollte. Physik, Marktzusammenhänge und vor allem die Lasten für den Steuerzahler und den Industriestandort Deutschland waren für Graichen nach Informationen des Onlineportals „Elektronik.net“ dabei offensichtlich zweitrangig: Schließlich hätten gut betuchte amerikanische Institutionen hinter ihrem Ziehsohn gestanden. Und diese „Energiewende-Lobbyisten“ hätten dank „einer korrupten Verflechtung einer öko-apokalyptischen Elite mit Politik und Teilen der Wirtschaft, kluge und dumme Fragen stets mit der Drohung eines menschenverursachten Weltuntergangs abwürgt“, eben ganz andere Interessen als die der deutschen Bürger verfolgt.

Graichen 2014: „Wir haben uns geirrt bei der Energiewende“

Anfang Dezember 2014 aber habe Graichen – damals noch Lobbyist der Agora Energiewende – in einem „ZEIT“-Interview (Bezahlschranke) eingestehen müssen, dass er mit Wind- und Sonnenkraft als „klimafreundlichen“ Heilsbringern wohl aufs falsche Pferd gesetzt habe:

Wir haben uns geirrt bei der Energiewende. Nicht in ein paar Details, sondern in einem zentralen Punkt. Die vielen neuen Windräder und Solaranlagen, die Deutschland baut, leisten nicht, was wir uns von ihnen versprochen haben. Wir hatten gehofft, dass sie die schmutzigen Kohlekraftwerke ersetzen würden, die schlimmste Quelle von Treibhausgasen. Aber das tun sie nicht.“ (Patrick Graichen, 2014)

Als Staatssekretär gescheitert

Doch irgendwie schafften Graichen, die Energiewende-Lobbyisten und die Partei der Grünen, das „ZEIT“-Interview und die Realität schnell vergessen zu machen. Der „Klimaschutz“ per „Energiewende“ wurde trotz aller absehbar negativer Effekte in den Folgejahren zum ganz großen Markenkern der Partei – neben einer grenzenlosen Migrationspolitik und dem unbedingten „Kampf gegen die Atomkraft“. Man wird kaum eine Rede von Wirtschaftsminister Habeck finden, die ohne das Klimathema auskommt. Wegen Graichens Vetternwirtschaftsklüngeleien („Trauzeugenaffäre“) musste Habeck seinen Staatssekretär dennoch Mitte Mai 2023 in den vorzeitigen Ruhestand entlassen.

Im März 2023 beispielsweise hatte Habeck versucht, dem inzwischen immer weiter zerbröckelnden Narrativ vom „menschengemachten Klimawandel“ beim „Berlin Energy Transition Dialogue“ (Video auf TikTok) einen neuen Spin zu geben: Habeck argumentierte nun, „das Klima“ brauche gar keinen Schutz, sondern die Menschen.

Standort Deutschland „nicht mehr wettbewerbsfähig“

Zu diesem Zeitpunkt hatte eine Umfrage des Verbands der deutschen Automobilindustrie-Zulieferer ergeben, dass 88 Prozent der Unternehmen den Standort Deutschland und die hiesige Autoindustrie für nicht mehr wettbewerbsfähig halten. Der Finanzexperte Dr. Markus Krall reagierte mit scharfer Kritik an einem „schlechten Wirtschaftspolitiker, dem das Wohl der Menschen eigentlich egal ist, solange er Aktionismus unter Beweis stellen und seine ideologische Agenda verfolgen kann, egal, wie hoch die Kosten für die Volkswirtschaft und damit für die Menschen des Landes sind“.

Mit Krall erhöht sich die Zahl jener Wissenschaftler, die sich trotz des mittlerweile seit Jahrzehnten andauernden politmedialen Sperrfeuers aus der Deckung der Klimaskeptiker trauen, unterdessen immer weiter. Zuletzt verfasste der deutsche Ingenieur Dr. Bernd Fleischmann einen Brandbrief, in dem er mit der Energiepolitik der Ampelregierung, der Vetternwirtschaft im Energieministerium und allerlei weiteren Ungereimtheiten der deutschen Politik abrechnete: Habeck habe seine „ökosozialistische Ideologie über das Wohl Deutschlands gestellt“.

„Ideologische Borniertheit und Dyskalkulie“

Die aktuellen Pläne der Koalition, nach denen Deutschlands Energieversorgung in der Zukunft ganz „klimaneutral“ weitestgehend mit Windrädern und Solaranlagen zu sichern sei, bezeichnete Fleischmann als „eine Kombination von ideologischer Borniertheit und Dyskalkulie“ (Rechenschwäche). Doch Graichen hatte diese Agenda stets weiter vorangetrieben – offenbar auch gegen die eigenen Erkenntnisse des Jahres 2014.

Ähnliche Ansichten wie Fleischmann vertreten schon seit Jahren Wissenschaftler wie der Leipziger Physiker und Klimatologe Prof. Werner Kirstein, (Video auf YouTube), der Ex-Umweltsenator Prof. Fritz Vahrenholt, der Aachener Energiewirtschaftsexperte Prof. Dr. Helmut Alt, der Agrarwissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Merbach, das „Europäische Institut für Klima & Energie“ (EIKE) oder auch die internationale Gruppe von 1.100 Wissenschaftlern um den norwegischen Physik-Nobelpreisträger Prof. Ivar Giaever, um nur einige zu nennen. Ihre Gegner argumentieren meist mit dem Verweis auf den Weltklimarat (IPCC), ein politisches Gremium der Vereinten Nationen.



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