Ministerin Faeser verweigert Obergrenze – Aber es kommen kaum noch Ukrainer

Auf EU-Ebene fordert Innenministerin Nancy Faeser eine stärkere Begrenzung der Flüchtlingszahlen, während für Ukrainer gilt: „Da kann es keine Höchstgrenzen für Menschlichkeit geben.“ Allerdings kommen kaum noch Ukrainer.
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Acht von zehn Geflüchteten kommen aus der Ukraine.“ Nach Recherchen der Epoch Times ist die Aussage nicht mehr ganz aktuell.Foto: John MACDOUGALL / AFP via Getty Images
Von 15. April 2023

Ein Interview mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat kürzlich für Empörung bei den Kommunen und der Polizeigewerkschaft gesorgt, wie Epoch Times berichtete. Unter anderem hatte sich Frau Faeser darüber verwundert gezeigt, dass die Kommunen schon so früh im Jahr vom Bund mehr Geld für die Flüchtlingsunterbringung und Versorgung eingefordert hätten. Die Ministerin sprach hier erneut von „Flüchtlingen“. Die Konrad-Adenauer-Stiftung hatte demgegenüber allerdings bereits im August 2015 festgestellt, dass nicht jeder Migrant automatisch ein Flüchtling sei.

Im Interview verteidigte Nancy Faeser die Migrationspolitik der Bundesregierung. Acht von zehn „Geflüchteten“ kämen aus der Ukraine: „Da kann es keine Höchstgrenzen für Menschlichkeit geben.“ Das allerdings ist nur eine Bestandsaufnahme jener Migranten, die im Laufe des Jahres 2022 nach Deutschland gekommen waren. Über die aktuell neu Einreisenden sagt sie nichts aus. Zudem durchlaufen Ukrainer überhaupt kein Asylverfahren.

Kommen überhaupt noch Ukrainer?

Bis Ende des vergangenen Jahres waren laut Ausländerzentralregister knapp über eine Million Ukrainer eingereist. Demgegenüber wurden 2022 knapp eine Viertelmillion Asylanträge gestellt. Die größte Zahl dieser Antragsteller kommt weiterhin aus Afghanistan und Syrien. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) veröffentlicht monatlich die Anzahl der Asylanträge. Für das erste Quartal 2023 meldet das BAMF: „Im bisherigen Berichtsjahr 2023 wurden 80.978 Erstanträge vom Bundesamt entgegengenommen […]. Dies bedeutet eine Zunahme der Antragszahlen um 80,3 % im Vergleich zum Vorjahr.“ Welche Staatsangehörigkeit haben diese Asylantragsteller? Im aktuellen Jahr liegen an erster Stelle Syrer, gefolgt von Afghanen, Türken und Iranern.

Wo sind die neu angekommenen Ukrainer, die Ministerin Faeser dazu veranlassten, einer Obergrenze für Flucht und Zuwanderung eine Absage zu erteilen? Die Zahlen des Ausländerzentralregisters über ukrainische Einreisende liegen zusammengefasst vor. So heißt es aus dem BAMF, dass zum Stichtag 11. April 2023 insgesamt 1.059.450 Personen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine erfasst worden seien, die seit Kriegsbeginn nach Deutschland eingereist seien. Weiter heißt es, dass eine „geringfügige Zahl bereits in andere EU-Staaten weitergereist und auch in die Ukraine zurückgekehrt“ sei. Auch Alter und Geschlecht wurden erfasst. Rund ein Drittel dieser Personen sind demnach Kinder und Jugendliche, 70 Prozent der Erwachsenen Frauen. Also halten sich etwa 200.000 erwachsene männliche Ukrainer in Deutschland auf. Aber diese Zahlen helfen noch nicht weiter, zu erfahren, wie viele Ukrainer im Januar, Februar und März 2023 eingereist sind. Das BAMF teilte gegenüber Epoch Times mit, dass es nicht zuständig sei. Epoch Times solle sich „für aktuelle bundesweite Zahlen zur Registrierung der aus der Ukraine Geflüchteten“ an das Bundesinnenministerium wenden.

2023 kamen bislang überwiegend Syrer und Afghanen

Wenn also Nancy Faeser im viel diskutierten Interview mit der Funke-Mediengruppe sagt, acht von zehn Geflüchteten kämen aus der Ukraine, dann ist das zunächst nur eine Bestandsaufnahme der tatsächlich 2022 in Deutschland neu angekommenen Flüchtlinge und Migranten. Wenn die Ministerin daraus eine Legitimation ableitet, dass es „keine Höchstgrenzen für Menschlichkeit“ geben darf, dann suggeriert sie hier, dass weiterhin 80 Prozent der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge und Migranten Ukrainer seien. Die Zahlen ihres eigenen Ministeriums sprechen aber eine ganz andere Sprache. Laut BAMF kamen im März allein doppelt so viele Syrer und eineinhalbmal so viele Afghanen als Ukrainer. Insgesamt stellt sich das Verhältnis demnach etwa umgekehrt dar, als von Frau Faeser behauptet. Faktisch kamen deutlich mehr Asylantragsteller als Ukrainer. Auf Anfrage von Epoch Times liefert ein Sprecher des Bundesinnenministeriums (BMI) Antworten mit Zahlen „zum Stichtag als im AZR als aufhältig erfasste Personen, die seit dem 24. Februar 2022 im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland eingereist sind“. Am 31. Dezember 2022 wurden laut dieser Antwort aus Faesers Ministerium 1.045.185 solche Personen gezählt, am 31. Januar 2023 waren es 1.057.286 Personen, am 28. Februar 2023 zählte das BMI 1.074.877 Personen und am 31. März 2023 waren es 1.059.618 Personen. Vergleicht man hier nur Februar mit März, dann stellt man fest, dass die Zahlen sogar rückläufig sind, also mehr Leute mit ukrainischen Papieren aus- als einreisen. Aus der Antwort ergeben sich für Epoch Times weitere Fragen an das BMI: „Warum ist hier von ‚Personen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine‘ und nicht von ‚Ukrainern‘ die Rede? Wie viele andere Personenkreise sind hier gemeint, Bürger anderer Nationen als der Ukraine, Doppelstaatsbürger? Und wie viele Personen in Zahlen sind das, die lediglich von der Ukraine ausgestellte Papiere besitzen?“ Die Antwort erreicht Epoch Times einen Tag später: „Vielen Dank für Ihre Nachfrage. Als ein Sprecher des Bundesministeriums des Innern und für Heimat beantworte ich sie wie folgt: Zum Stichtag 11. April 2023 waren laut Ausländerzentralregister unter den erwähnten 1.059.450 Personen 96,42 Prozent ukrainische Staatsangehörige. Bei denjenigen ohne ukrainische Staatsangehörigkeit handelt es sich um Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Ukraine hatten (z.B. Drittstaatsangehörige mit entsprechenden Aufenthaltstiteln oder Flüchtlinge). Mit freundlichen Grüßen“. Das Ministerium bestätigt also gegenüber Epoch Times die Annahme, dass sich unter den über eine Million Menschen, die aus der Ukraine zu uns geflüchtet sind, Zehntausende befinden, die keine Ukrainer sind.

Faeser will Erneuerung des Asylsystems

Nach der harschen Kritik aus den Kommunen und von der Polizeigewerkschaft meldete sich Ministerin Faeser – auch mit Blick auf die laufenden Verhandlungen in Brüssel – gegenüber dem „Tagesspiegel“ zu Wort: „Wir müssen uns auf eine verlässliche Identifizierung, Registrierung und Überprüfung von Menschen bereits an den EU-Außengrenzen einigen“. Das Plenum des EU-Parlaments soll noch in diesem Monat darüber abstimmen. Der gegenwärtige schwedische EU-Vorsitz strebt anschließend eine politische Einigung zwischen Mitgliedsstaaten, EU-Parlament und EU-Kommission im Juni an.



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