Großes Reformpaket: ARD will mit „Kompetenzcentern“ Geld sparen

In der ersten Jahreshälfte 2024 sollen in der ARD drei neue „Kompetenzcenter“ für die Themen Gesundheit, Verbraucherschutz und Klima helfen, Geld zu sparen. Das haben die Intendanten der neun ARD-Anstalten in Frankfurt am Main als Teil ihrer Reformpläne beschlossen.
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Die ARD will sich reformieren. Am 14. September wurde in Frankfurt ein Schritt nach vorn gemacht. Das Symbolbild zeigt ein beschirmtes ARD-Kamerastativ.Foto: DOMINIQUE FAGET/AFP via Getty Images
Von 15. September 2023

Die ARD treibt die „größte Reform ihrer Geschichte“ weiter voran. Am 14. September besiegelten die Intendanten der neun ARD-Landesrundfunkanstalten (LRAs) in Frankfurt am Main ihr Vorhaben, innerhalb des ersten Halbjahres 2024 drei „multimediale Kompetenzcenter“ einzurichten. Jedes Kompetenzcenter soll sich um jeweils ein Themenfeld kümmern.

Nach einer ARD-Pressemitteilung wurde die Federführung und Verantwortung für die Kompetenzcenter zunächst testweise auf nur fünf LRA’s verteilt.

  • Um das Themenfeld „Gesundheit“ soll sich demnach allein der NDR kümmern.
  • Das Kompetenzcenter „Verbraucher“ soll künftig in der Obhut von WDR und SWR liegen, den beiden größten Anstalten im ARD-Verbund.
  • Mit Fragen rund ums „Klima“ sollen sich der HR, der MDR und abermals der SWR beschäftigen.

Beim „Klima“ habe man gleich drei Anstalten verpflichtet, weil es sich um ein „publizistisches Meta- und Zukunftsthema“ von „essentieller Bedeutung“ handele, wie SWR-Programmdirektor Clemens Bratzler betonte.

Der „Bayerische Rundfunk“ (BR), der „Saarländische Rundfunk“ (SR) und „Radio Bremen“ (RB) gingen bei der Aufgabenverteilung leer aus. Auch der zuletzt von Skandalen gebeutelte „Rundfunk Berlin-Brandenburg“ (RBB) erhielt keine Federführung.

Eingespartes Geld soll in „digitale Zukunft“ fließen

Die Reform soll letztlich auch dafür sorgen, sparsamer mit den Mitteln der Gebührenzahler umzugehen. In den Worten von ARD-Chef und SWR-Intendant Prof. Kai Gniffke:

Wir werden dadurch wirtschaftlich effizienter und stärken die journalistische Qualität. Ohne Abstriche bei den Inhalten gewinnen wir damit Ressourcen, die wir dann in die digitale Zukunft der ARD stecken können.“

Die multimedialen Inhalte, die in den Kompetenzcentern produziert werden, sollen allen Anstalten für ihre Sendungen zur Verfügung gestellt werden. Es sei allerdings auch weiter für alle Landessender möglich, Beiträge mit regionalem Bezug zu den Themen beizusteuern. „Damit bleibt Regionalität weiterhin der Kernauftrag der ARD“, hieß es in der Pressemitteilung vom 14. September.

„Mit der Verteilung der multimedialen Kompetenzcenter haben wir die ARD ein entscheidendes Stück vorangebracht“, erklärte der ARD-Chef Prof. Kai Gniffke nach dem Beschluss. „Wir bündeln darin die Expertise aller Häuser und für alle Ausspielwege – vom Hörfunkbeitrag über Videos der Mediathek bis hin zu Social Media-Beiträgen“, versprach er. Es handele sich um die „größte Reform“ in der Geschichte der ARD überhaupt. Insgesamt gehe es um „den Erhalt und die Stärkung von Regionalem in der digitalen Welt“.

Drei weitere Kompetenzcenter geplant

Um die „Arbeitsprozesse“ in den Kompetenzcentern „auszuarbeiten“, bleibt den „Umsetzungs-Arbeitsgruppen“ nach ARD-Angaben noch bis Ende September Zeit. Bis dahin solle auch geklärt werden, ob es für jedes Kompetenzcenter einen oder mehrere feste Standorte geben werde. Auch über „Vernetzungen“ werde man sprechen, wie die ARD-Pressestelle auf Anfrage der Epoch Times mitteilte.

Das „strategische Ziel“ sei es jedenfalls, „dass sich am Ende des Gesamtprozesses in der Summe alle Landesrundfunkanstalten ausgewogen an Kompetenzcentern beteiligen“.

Parallel liefen die Prüfungen für drei weitere „Kompetenzfelder“ an: Nach den Vorstellungen der Intendantenrunde solle es dabei um die Themen Ernährung, Reisen und Künstliche Intelligenz gehen. Erste Ergebnisse erwarte man „um den Jahreswechsel“.

Hörspiel soll zentral aufgestellt werden

Ein weiterer Reformbeschluss betrifft die Hörspielsparte. Möglichst schon für die zweite Jahreshälfte 2024 wünschen sich die LRA-Chefs eine „virtuelle Gemeinschaftsredaktion“, die künftig das Genre Hörspiel im ARD-Verbund managen soll. Die „ARD Audiothek“ soll dabei eine noch größere Rolle als Ausspielweg spielen. Die Entscheidung über die Federführung der Hörspielredaktion soll „in den nächsten Monaten“ fallen.

Das erklärte Ziel stehe aber bereits fest, nämlich „zu einer gemeinsamen Portfoliosteuerung zu kommen und damit einerseits die Vielfalt des Hörspiels zu betonen und andererseits Doppelungen zu vermeiden“, schreibt die ARD-Pressestelle. „Auf diese Weise sollen auch neue Zielgruppen für das Hörspiel gewonnen werden, das damit gestärkt und zukunftssicher aufgestellt wird.“

„Caren Miosga“ ersetzt „Anne Will“

Auch im Talk-Bereich will die ARD nachjustieren. Bereits im Juni hatte sich die Intendantenrunde darauf verständigt, den Talk am Sonntagabend ab 2024 in die Hände von Caren Miosga zu legen. Das Format „Anne Will“ wird also ersetzt.

„Hart aber fair“-Moderator Louis Klamroth soll künftig vermehrt ein „jüngeres Publikum“ ansprechen, insbesondere über die „ARD Mediathek“. Die Talkshow „Maischberger“ soll „unter der Woche“ noch öfter laufen als nur am Dienstag und Mittwoch.

ARD-Programmdirektorin Christine Strobl versprach, „die unterschiedlichen Konzepte der Talks [zu] schärfen, auf Meinungsvielfalt [zu] achten, eine Themensetzung für alle Bevölkerungsgruppen an[zu]bieten“ und „Gesprächsformen und Gästeauswahl voneinander ab[zu]grenzen“.

Gniffke: 30 Millionen Menschen „möglicherweise von der ARD noch nicht versorgt“

Beim „ARD-Pressegespräch“, das direkt nach dem Frankfurter Treffen per Videoschalte (Aufzeichnung) stattfand, räumte ARD-Chef Kai Gniffke ein, dass es in Deutschland „30 Millionen Menschen“ gebe, „die möglicherweise von der ARD noch nicht versorgt werden“. Das gehe aus den Daten der jüngsten „ARD-Akzeptanzstudie“ hervor, die zwischen dem 2. März und dem 3. April erhoben worden waren.

Einer der Befunde der Studie: Deutschlandweit vertrauten 69 Prozent der Menschen den „Angeboten der ARD“. Das seien sechs Prozentpunkte weniger als noch im Jahr 2020. Heißt im Umkehrschluss: 31 Prozent vertrauen der ARD nicht (mehr). Also fast jeder Dritte.

Der Vertrauenswert sei trotzdem als „stabil“ zu bezeichnen, heißt es in der ARD-Pressemitteilung zur Akzeptanzstudie. Denn „nach der Corona-Pandemie“ habe ja „die Wertschätzung aller Medienanbieter“ abgenommen. Und auch wenn „die Zufriedenheit mit der Demokratie in Deutschland deutlich auf 54 Prozent gesunken“ sei, erreiche die ARD täglich noch 71 Prozent jener Menschen, die „mit der Demokratie nicht zufrieden“ seien. Die „Reichweite des Medienverbunds mit aktueller politischer Information liegt hier bei 60 Prozent“.

„Leuchtturm ARD“ scheitert in zweiter Instanz

Zu den Unzufriedenen, die trotzdem ab und an einschalten, dürfte auch Jimmy Gerum gehören. Der Filmemacher setzt sich seit einigen Jahren mit seinem Aktionsbündnis „Leuchtturm ARD“ für einen bürgernäheren öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein, der seine staatsvertraglichen Pflichten bezüglich Ausgewogenheit und Meinungsvielfalt ernster nimmt. Zuletzt hatte Gerum vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) versucht, die Beitragspflicht der Haushalte an eben jene Pflichten der Rundfunkhäuser koppeln zu lassen.

Doch der BayVGH entschied am 17. Juli 2023 in zweiter Instanz, dass „Einwände gegen die Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks […] nicht von der Zahlung des Rundfunkbeitrags“ befreien (Az. 7 BV 22.2642, Pressemitteilung als PDF).

Für die „Überprüfung der Einhaltung der staatsvertraglichen Vorgaben durch die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten“ seien nicht die womöglich unzufriedenen Gebührenzahler, sondern „plural besetzte Gremien“ zuständig. „Der Rundfunkbeitragspflicht können daher weder Bedenken hinsichtlich mangelnder Programm- und Meinungsvielfalt noch ein gänzliches Verfehlen des verfassungsmäßigen Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entgegengehalten werden“, entschied der Verwaltungsgerichtshof.

Entscheidung über neuen Beitrag im ersten Quartal 2024

Somit heißt es also weiter zahlen, selbst wenn man die Angebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nicht nutzt. Wie viel Geld die Öffentlich-Rechtlichen ab der Beitragsperiode 2025 bis 2028 verlangen können, will die „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten“ (KEF) in den ersten Monaten des Jahres 2024 bekannt geben. Derzeit liefen die internen Prüfungen der Bedarfsanmeldungen von Ende April, teilte eine KEF-Sprecherin auf Anfrage der Epoch Times mit.

Zurzeit liegt der Monatsbeitrag bei 18,36 Euro. ARD-Chef Gniffke schwebt für seine Reform- und Digitalisierungsoffensive ab 2025 ein Betrag von 25,00 Euro vor. Auch der „Deutsche Journalisten-Verband“ (DJV) setzt sich für einen Aufschlag ein. Das letzte Wort liegt allerdings bei den 16 Ministerpräsidenten. Sechs von ihnen hatten Ende Juni angekündigt, diesmal keine Erhöhung mitmachen zu wollen.



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