Warten auf das Berufungsurteil: Werden ARD und ZDF in die Schranken gewiesen?
Die deutsche Medienlandschaft blickt in diesen Tagen nach München: In Kürze soll das zweitinstanzliche richtungsweisende Urteil über die unbedingte Rundfunkbeitragspflicht für alle Haushalte in Deutschland gesprochen werden (Aktenzeichen 7BV 22.2642). Geklagt hatte das Aktionsbündnis Leuchtturm ARD. Verfahrensgegner war der „Bayerische Rundfunk“ (BR).
Beide Parteien hatten am 11. Juli 2023 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof die Gelegenheit, noch einmal ihre Argumente vorzubringen. Das teilte „Leuchtturm ARD“-Gründer Jimmy Gerum der Epoch Times auf Anfrage mit. Der Filmemacher hatte die Initiative Ende 2021 ins Leben gerufen.
Nach Angaben von Gerum soll das Urteil „in wenigen Tagen“ feststehen. Eine anschließende Revision sei nicht ausgeschlossen.
„Leuchtturm ARD“: Beitragspflicht hängt von Pflicht zur Ausgewogenheit ab
Friedemann Willemer, der Rechtsbeistand von „Leuchtturm ARD“, habe am 11. Juli im überfüllten Gerichtssaal den Standpunkt der Initiative vertreten, berichtet Gerum. Demnach sei der öffentlich-rechtliche Rundfunk schon wegen der Finanzierung per obligatorischem Beitrag zu einer ausgewogenen Berichterstattung verpflichtet. Diese Pflicht stehe im Rang eines „Verfassungsgebotes“. Im Kern gehe es auch um den Schutz der Demokratie.
Wenn die Ausgewogenheit der Berichterstattung nicht vorhanden sei, müsse im Umkehrschluss auch die Beitragspflicht „aufgrund struktureller Verfehlung“ entfallen. Selbst das Bundesverfassungsgericht habe noch am 24. April 2023 entschieden, dass nur „ein der Vielfaltsicherung dienendes Programm“ jener „individuelle Vorteil“ sei, „der einen Rundfunkbeitrag“ überhaupt rechtfertige (BVerfG, Aktenzeichen 1 BvR 601/23).
Gerum: Öffentlich-rechtlichen Rundfunk bewahren!
Initiator Jimmy Gerum stellte klar, dass es ihm keineswegs darum gehe, den Rundfunkbeitrag oder die Sender ARD und ZDF abzuschaffen: Er wolle vielmehr dafür sorgen, die „Unausgewogenheit“ in ihren Programmen zu beenden. Das Konzept eines öffentlichen-rechtlichen Rundfunks per se gelte es unbedingt zu bewahren, denn andernfalls würden die Nachrichten „privatisiert“. Das würde seiner Meinung nach „die einseitigen Beeinflussungsmöglichkeiten und Diskursverengungen“ noch steigern.
Überhaupt halte er „die Unterdrückung der Vielfalt der Meinungen“ für „den ersten Schritt in die Autokratie“. Diese zu verhindern, bedürfe es eines „offenen Diskurs[es]“, denn dieser sei „essenziell für eine gesunde Demokratie“ und müsse deshalb stets das Ziel sein. Andererseits stehe auch die Gesellschaft vor der Aufgabe, „die nötige Reife für eine Demokratie zu zeigen“.
Richterin signalisiert wenig Verständnis
Nach Angaben von Gerum habe sich die Richterin am 11. Juli auf den Standpunkt gestellt, dass allein die Empfangbarkeit der Sendungen von ARD und ZDF genüge, um eine Beitragspflicht zu rechtfertigen. Ein Verwaltungsgericht sei nicht zuständig dafür, das „strukturelle Versagen der Kontrollinstanzen“ zu beurteilen. Dafür stehe jedermann das Mittel der Programmbeschwerde frei.
Der Anwalt des Bayerischen Rundfunks habe argumentiert, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk „schon morgen finanziell zusammenbrechen“ würde, falls das Gericht der Logik der Leuchtturm-Initiative folgen würde. Beim Streitpunkt der Ausgewogenheit handele es sich lediglich um „Geschmacksfragen“. Für Gerum eine „entlarvende“ Äußerung.
Gutachter Prof. Meyen verweist auf Medienstaatsvertrag
Der „Leuchtturm ARD“ hatte zuvor eine 62-seitige Stellungnahme des Münchener Medienexperten und Kommunikationswissenschaftlers Prof. Dr. Michael Meyen (PDF) eingereicht, das die Perspektive der Initiative untermauern soll:
Von den Grundsätzen der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Meinungsvielfalt sowie der Ausgewogenheit der Angebote, wie sie nach Paragraph 26 des Medienstaatsvertrages vom 27. Dezember 2021 (PDF) verlangt würden, könne beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland nicht mehr unbedingt die Rede sein.
Besonders einseitig in der Corona-Zeit
Als Beleg erwähnte Meyen unter anderem die Berichterstattung zur Corona-Krise. So habe beispielsweise eine Untersuchung der Literaturwissenschaftler Dennis Gräf und Martin Hennig von der Universität Passau (PDF) eine „Verengung der Welt“ festgestellt, weil es „in den Sondersendungen von ARD und ZDF so gut wie keine Kritik an der Politik“ gegeben habe. Es sei vielmehr ein Journalismus betrieben worden, „der im Gleichschritt mit der Politik marschiert und damit am öffentlichen Auftrag vorbeisendet, der auch in der damals gültigen Version des Rundfunkstaatsvertrages festgeschrieben war“, so Meyen.
Außerdem habe es keine Resonanz seitens der Programmverantwortlichen gegeben, als der Regierungskritiker Bastian Barucker jeweils 2020 und 2021 eine insgesamt sechsstellige Zahl an Unterschriften an die Anstalten übergeben habe: Die Unterzeichner hatten eine Fernseh-Livediskussion zwischen prominenten Befürwortern und Gegnern der Maßnahmenpolitik im Hauptabendprogramm gefordert. Die Stimmen der Petenten blieben bis heute ungehört. Und wenn es nach dem Willen von ARD-Chef Prof. Kai Gniffke geht, soll das auch so bleiben.
Meinungsvielfalt als „Lebenselixier einer Demokratie“
All das stehe der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entgegen, nach der der „öffentlich-rechtliche Rundfunk […] die Meinungsäußerungsfreiheit durch Meinungsvielfalt zu schützen“ habe, meint Jimmy Gerum. Denn Meinungsvielfalt sei „das Lebenselixier einer Demokratie“, so Gerum auf „Apolut.net“.
Neben Gerum und seinem Leuchtturmprojekt engagieren sich einige weitere Initiativen für eine Reform oder gar für die Abschaffung des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Die meisten von ihnen wollen wie Gerum nicht mehr hinnehmen, Pflichtbeiträge zahlen zu müssen, während der Beitragsempfänger seine ureigensten Pflichten nicht mehr korrekt erfüllt. Zurzeit läuft beispielsweise eine entsprechende Petition auf „Change.org“.
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