Wie Deutschlands Energiewende die Lunge der Erde beschädigt

Deutschland importiert Rohstoffe aus tropischen Ländern, wofür riesige Waldflächen vernichtet werden. Gerade die Energiewende mit dem massiven Ausbau der Windkraft verstärkt diese importierte Waldzerstörung zusätzlich.
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Windkraftanlagen in einem Waldgebiet. Auch in anderen Ländern werden für diese Energiequelle Bäume gefällt.Foto: iStock
Von 19. Oktober 2023

Jeden Tag sollen etwa 150 Tier- und Pflanzenarten unwiederbringlich verloren gehen. Als gesichert gilt indes, dass das globale Artensterben mit der Zerstörung von Natur- und Lebensräumen durch den Mensch zusammenhängt. Doch die Verantwortung liegt nicht allein bei den Ländern, in denen diese Arten beheimatet sind, sondern vor allem in den Industrieländern, einschließlich Deutschland.

So ist die EU für 16 Prozent der globalen Tropenwaldabholzung und Naturzerstörung verantwortlich. Deutschland ist dabei eine der führenden Nationen. Die Europäische Union stellt im Vergleich sogar Indien mit 9 Prozent und die USA mit 7 Prozent in den Schatten. Das zeigt ein WWF-Report von 2021. Nur China liegt mit 24 Prozent noch vor der EU.

Soja, Kakao, Kaffee und Windräder für Deutschland zerstören Tropenwälder

Durch den Import von Agrarrohstoffen vernichten die Länder der EU nicht nur wertvolle Naturgebiete und bedrohen die Artenvielfalt. Gleichzeitig bewirken sie das Gegenteil von dem, was sie mit ihrer Klimapolitik erreichen wollen: die Reduzierung von CO₂-Emissionen.

Laut WWF verursachte die EU durch die importierte Entwaldung 2017 indirekt 116 Millionen Tonnen CO₂ zusätzlich. Das entspreche mehr als einem Viertel der EU-Emissionen aus dem Sektor Landwirtschaft im selben Jahr. Allerdings ohne, dass offizielle Statistiken zu Treibhausgasen diese indirekten Emissionen erfassen.

Haupttreiber für die Waldzerstörung sei die Land- und Forstwirtschaft. Das umfasst den Anbau von Tierfuttersoja oder die Produktion von Palmöl, Holz, Kakao und Kaffee. Dafür werden in Südamerika und Südostasien Wälder großräumig zerstört. Gleichzeitig führe die Holznutzung aufgrund der Umwandlung von Naturwald in verarmte Holzplantagen zum Verlust des wichtigen kohlenstoff- und biodiversitätsreichen Waldes.

Die Handelspolitik der EU und die Nachfrage nach Fleisch und Holz trügen ebenfalls entscheidend zu dieser Waldvernichtungsmaschinerie bei. So treibt der Konsum in Europa anderswo die Waldzerstörung voran. Besonders brisant ist dabei die Nachfrage nach bestimmten Hölzern: In dem Maße, in dem die Windenergie weltweit ausgebaut wird, steigt die Abholzung der Balsabäume, berichtet das Portal Holzforum.

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Mitarbeiter in der Nordex Windturbinenfabrik verarbeiten Balsaholz in einem Rotorblatt. Foto: Sean Gallup/Getty Images

Auch für andere Rohstoffimporte müsse der Regenwald weichen. So ergänzt Tobias Kind-Rieper vom WWF: „Deutschland [ist] vor allem Vorreiter der bergbaubedingten Waldzerstörung.“ Die Bundesrepublik belegt dabei innerhalb der EU, die insgesamt vorne dabei ist, im Untersuchungszeitraum von 2000 bis 2020 mit 19 Prozent den Spitzenplatz. Das „Energiewendeland Deutschland“ ist damit – auch – der größte Treiber von bergbaubedingter Waldzerstörung.

Innerhalb der EU importierte Deutschland zwischen 2005 und 2017 mit Abstand die mengenmäßig größte Entwaldung. Durchschnittlich wurden in diesem Zeitraum jährlich 43.700 Hektar Wald für deutsche Importe vernichtet. Damit fällt Deutschland jedes Jahr ein Waldgebiet größer als das Bundesland Bremen zum Opfer. In dieser Zahl sind auch deutsche Importe von Balsaholz enthalten, das in den Rotoren von Windenergieanlagen zum Einsatz kommt. Deutschland bezieht fast das ganze Tropenholz über Belgien.

Größer, höher, leichter: „Balsafieber“ ausgebrochen

Insgesamt importierten die EU-Länder im Jahr 2020 knapp 615.000 Tonnen Tropenholz. Laut dem europäischen Branchenverband Windeurope verbrauchte die europäische Windindustrie davon jährlich etwa 20.000 Tonnen Balsaholz, wie „Der Standard“ berichtete. Das sind knapp drei Prozent des importierten Tropenholzes – und fast 70 Prozent der europäischen Balsaholzeinfuhren, so der Verband.

Mit der zunehmenden Ausrichtung auf erneuerbare Energien steigt auch die Zahl der Windparks – und mit ihr die Nachfrage nach Balsaholz. Eine Spur der Zerstörung ist das Ergebnis. Denn das Balsaholz wird in Europa und zunehmend auch in China in den Rotorblättern der Windräder verbaut, wie der „Nachrichtenpool Lateinamerika“ berichtet. Vor allem in der Amazonasregion Ecuadors hat das „Balsafieber“ hingegen verheerende Folgen für die indigenen Gemeinden. Laut dem Portal Rettet den Regenwald kommen über 80 Prozent des weltweit gehandelten Balsaholzes aus Ecuador.

Balsaholz ist extrem leicht, weich und elastisch, gleichzeitig jedoch robust und belastbar. Zudem lässt es sich einfach bearbeiten. Das macht es zu einem begehrten Rohstoff der Industrie. Meist wird Balsaholz in Kombination mit Glasfasern und Kunstharz in Flügeln von Windrädern eingesetzt.

Wie viel Balsaholz in einem Rotorblatt steckt, ist von Modell zu Modell unterschiedlich. Der Bedarf für ein durchschnittliches Rotorblatt liegt bei rund fünf bis sechs Kubikmeter Balsaholz. Selbst in einem balsaholzarmen Rotorblatt sind immer noch 150 kg, also etwa ein Kubikmeter, Tropenholz verbaut. Der WWF schätzt sogar, dass für ein Rotorblatt „Hunderte“ Kilogramm Balsaholz verbaut werden. Früheren Schätzungen zufolge benötigt ein Rotorblatt zwischen 80 und 100 Meter Länge laut der „Welt“ durchschnittlich rund 15 Kubikmeter Balsaholz. Das längste Rotorblatt der Welt hat bereits die Marke von 115 Metern knapp überschritten.

Wie viele Balsabäume zerstört das Wind-an-Land-Gesetz?

Die Frage, wie viele Windkraftanlagen auf Basis des Zwei-Prozent-Flächenziels der Bundesregierung installiert werden müssen, kann nicht pauschal beantwortet werden. Dies hängt von vielen Faktoren wie Größe oder Form der Teilflächen ab. Rein rechnerisch ist dies aber durchaus darstellbar.

In den drei Flügeln einer Windindustrieanlage sind laut „Spiegel TV“ bis zu 40 Balsabäume verbaut. Anfang 2023 gab es laut „Strom-Report“ in Deutschland knapp 30.000 Windkraftanlagen mit einer installierten Nennleistung von rund 66,2 Gigawatt. Das Ausbauziel bis 2030 sind an Land und auf See insgesamt 130 Gigawatt. Demnach müssten noch rund 28.900 Windkraftanlagen gebaut werden. Das bedeutet, dass allein Deutschland für seine Energiewende im Bereich der Windenergie knapp 1,16 Millionen Balsabäume benötigt, die gefällt und nach Deutschland importiert werden müssen.

Darüber hinaus bauen auch viele andere Länder weiter kräftig ihre Windenergie-Kapazitäten aus und halten Nachfrage und Preise hoch. Dadurch werden sie teils illegal abgeholzt. Da bei der Abholzung der Balsabäume jedoch viel Regenwald rundum zerstört wird und die Bäume nicht sehr dicht stehen, werden erhebliche Regenwaldflächen vernichtet, auch wenn der Balsabaum als eine „schnell“ wachsende Baumart gilt. Manche Einwohner holzen im Regenwald andere Baumsorten ab, um für den schnellen Profit Plantagen für Balsaholz anzupflanzen.

Balsabäume sind wichtiger Teil des Ökosystems

Balsabäume können Höhen von über 40 Metern und einen Stammdurchmesser von einem Meter und mehr erreichen. Im Urwald erfüllen sie wichtige Funktionen. In ihrem weichen Holz bauen sich Vögel ihre Nisthöhlen. Zudem sind die 15 Zentimeter großen, sehr nektarreichen Blüten eine begehrte Zuckerquelle für viele Tiere. Sie öffnen sich nachts und locken mit durchdringendem Geruch Maki- und Wickelbären sowie Fledermäuse an.

Die schnell wachsende Pionierbaumart besiedelt rasch Lichtungen und freie Flächen und schafft damit den Schatten, den anspruchsvollere Baumarten zum Keimen und Aufwachsen benötigen. Die Rodung der Balsabäume entlang der Flüsse legt die sensiblen Uferbereiche frei, wodurch die dort gelegenen Indigenendörfer und deren Anbauflächen wegen der Bodenerosion in Gefahr geraten. Außerdem bieten Balsabäume den Menschen auch spirituellen Schutz sowie Medizin, um Wunden und Infektionen zu behandeln.

Mit ihrer aktuellen Politik führen die regierenden Grünen den Beschluss ihrer Bundestagsfraktion vom 5. September 2019 ad absurdum. Darin hieß es: „Die EU muss verbindliche entwaldungsfreie Lieferketten und somit einen Importstopp für waldzerstörende Produkte beschließen.“ In diesem Fall müsste auf Windkraftanlagen verzichtet werden oder bei diesen auf bestimmte Rohstoffe.

Waldschutz weder in Deutschland noch anderswo

Deutschland hat sich zudem der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 verpflichtet, ein zentrales Element des European Green Deal. Schlüsselelemente dieser Strategie sind die Schaffung von Schutzzonen auf mindestens 30 Prozent der Landgebiete und 30 Prozent der Meeresgebiete Europas durch rechtsverbindliche Ziele für die Wiederherstellung der Natur und einen strengeren Schutz der europäischen Wälder.

Als geeignete Flächen zur Umsetzung des 30-Prozent-Flächenanteils werden genannt: Naturschutzgebiete, Nationalparks, Vogelschutzgebiete und Gebiete nach FFH (Fauna-Flora-Habitatrichtlinie), Biosphärenreservate, Landschaftsschutzgebiete sowie Naturparks.

Unter anderem ist der in Baden-Württemberg gelegene Schwarzwald geprägt von derlei hochwertigen Schutzgebieten. Diese Schutzgebiete dürfen im Sinne der EU-Biodiversitätsstrategie nicht industrialisiert werden. Dennoch will das Land aufgrund der Flächenziele hier in den kommenden Jahren 1.000 große Windkraftanlagen errichten.



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