Krisenabgabe, Zukunftsabgabe, Deutschlandpakt: Die SPD will mehr Geld – vor allem von den Reichen

Geht es nach dem Willen der SPD, so sollen reiche Menschen bald mehr Steuern zahlen. Doch das ist nur ein kleines Detail des großen Reformpakets, das die Kanzlerpartei für die „klimaneutrale“ Transformation der deutschen Wirtschaft schnüren will.
Titelbild
Die beiden SPD-Parteichefs Lars Klingbeil und Saskia Esken machen sich für eine Reihe von Reformen in Deutschland stark. Wird die FDP mitspielen?Foto: Kay Nietfeld/dpa/dpa
Von 6. November 2023

Trotz rekordverdächtig niedriger Umfragewerte will die SPD nicht von ihrem Vorhaben ablassen, Deutschland und seine Wirtschaft so schnell wie möglich „klimaneutral“ umzukrempeln. Das Geld dafür soll mit einer Reihe von Reformen in die Haushaltskasse strömen.

Die Ideen für ihre „Modernisierungsagenda“ hat die Parteispitze bereits in einem 21-seitigen Entwurfspapier festgehalten, das auf dem SPD-Bundesparteitag im Dezember als wirtschaftspolitischer „Leitantrag“ verabschiedet werden soll. Auf dessen Grundlage soll mittelfristig auch das Wahlprogramm 2025 formuliert werden, wie das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) als erstes Medium berichtete.

„Hauptziel ist, den Industriestandort zu stärken, Bildungschancen zu sichern und Vertrauen in den Staat zurückzugewinnen“, schreibt RND-Autorin Kristina Dunz. Der SPD-Entwurf wurde noch nicht veröffentlicht.

„Zukunftsabgabe“ statt Solidaritätszuschlag

Obwohl die Steuereinnahmen in der Bundesrepublik – mit Ausnahme des ersten Coronajahres 2020 – seit langem jedes Jahr stärker sprudeln, ist für die Transformationspläne von Scholz, Habeck, Lindner und Co. offensichtlich nicht genug da: Seit Monaten streitet die Ampel um den geringen Spielraum, den der Haushalt 2024 womöglich noch zum Verteilen bieten könnte.

Mit einer „grundlegenden Einkommensteuerreform“ aus dem aktuellen Leitantragsentwurf soll der alte Solidaritätszuschlag nach den Vorstellungen der SPD weitergeführt und als „Zukunftsabgabe neu begründet“ werden, wie es in dem Papier heißt. Trotz dieser Belastung sollen angeblich „etwa 95 Prozent“ der Bürger unterm Strich von der Einkommensteuerreform profitieren, wie der „Stern“ berichtet.

Zeitweise „Krisenabgabe“ für reichere Menschen geplant

Jene Bürger, die ohnehin „reichensteuerpflichtig“ seien, könne man zumindest zeitweise noch ein wenig stärker belasten, meinen die Führungskräfte der Sozialdemokraten: „Krisenabgabe“ soll das dann heißen. Diese solle aber nur „temporär“ erhoben werden, schreibt das RND.

Man werde außerdem „die Erbschafts- und Schenkungssteuer so reformieren, dass Multimillionäre und Milliardäre mehr zum Gemeinwohl beitragen“, verspricht die SPD-Spitze. Schließlich könnten diese die „Herausforderungen der Transformation aus eigenen Mitteln finanzieren“, heißt es laut „Stern“ im Entwurf.

Was dadurch zusätzlich in die Länderhaushalte fließen werde, solle für Bildungszwecke ausgegeben werden. „Die SPD schlägt dazu einen Deutschlandpakt Bildung vor“, schreibt das RND.

Jedes Jahr 100 Milliarden für neue Investitionen per „Deutschlandfonds“ einsammeln

Um auch sonst jedes Jahr genug Geld für Investitionen in den „klimaneutralen“ Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft ausgeben zu können, will die SPD nach „Stern“-Angaben jährlich einen neuen „Deutschlandfonds“ einrichten.

In diesen Topf sollen nicht nur Kredite fließen, die von der öffentlichen Hand am Kapitalmarkt aufgenommen werden, sondern vor allem Einlagen von freiwilligen Investoren. Der „Deutschlandfonds“ soll ein Volumen von 100 Milliarden Euro haben. Über das Verzinsungsmodell ist noch nichts bekannt.

Schuldenbremse als „Standort- und Wohlstandsrisiko“

Die von der SPD traditionell ohnehin ungeliebte „Schuldenbremse“ gemäß Artikel 109 des Grundgesetzes soll als augenblickliches „Standort- und Wohlstandsrisiko“ gelockert werden: „Die Schuldenregeln müssten so geändert werden, dass mehr Investitionen in Infrastruktur, Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung möglich seien“, beschreibt das RND die Kernidee aus dem Entwurfspapier. Nach Informationen des „Stern“ soll bei der „Modernisierung“ eine „Konjunkturkomponente“ Einzug ins Gesetzeswerk halten: Diese solle „den Verschuldungsspielraum abhängig von Investitionen in die produktive Kapazität der Wirtschaft“ machen. Die SPD-Spitze meint:

Wer immer noch glaubt, dass der Markt alles regelt, schaut nicht genau hin oder ignoriert die Realitäten.“

Die SPD hoffe, die Union von diesem Vorhaben überzeugen zu können, berichtet das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“: Allein die Stimmen der drei Ampelparteien würden für eine Grundgesetzänderung ja nicht ausreichen. Dazu bedürfe es einer „Zweidrittelmehrheit im Bundestag“.

Die FDP und mit ihr Bundesfinanzminister Christian Lindner sind bislang strikt gegen eine Aufweichung der Schuldenbremse. Außerdem lehnen die Liberalen in der Regierung Steuererhöhungen und zusätzliche Abgaben ab.

Eine Million neue Arbeitsplätze anvisiert

Erklärtes Ziel der SPD sei es, mithilfe gesteigerter Einnahmen bis zum Jahr 2030 eine Million neue Arbeitsplätze in Deutschland zu schaffen, so der „Stern“. Auch für diese solle ein neuer Mindestlohn gelten. In welcher Höhe, dazu steht nach RND-Angaben noch nichts im Entwurfspapier. Klar sei lediglich, dass der „Vorschlag der [EU-]Mindestlohnkommission, den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn in den kommenden beiden Jahren in zwei Stufen um jeweils 41 Cent anzuheben“, aus Sicht der SPD „unfair und unangemessen“ sei. Die SPD wolle vielmehr erreichen, dass die Mindestlohnhöhe „politisch“ überprüft werde.

Außerdem wolle die Partei jene Gewerkschaften unterstützen, die sich für eine „Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich“ einsetzten. Auch hier sei im Entwurf noch nichts Konkretes festgeschrieben.

Um die Anzahl tariflich bezahlter Arbeitsplätze nach oben zu treiben, solle die öffentliche Hand ihre Aufträge „an die Kriterien Tarifbindung, Standortentwicklung, Beschäftigungssicherung und Qualifizierungsstrategien“ koppeln. In Deutschland würden derzeit noch nicht einmal die Hälfte aller Betriebe nach Tarif bezahlen, obwohl die EU-Mindestlohnrichtlinie eine Zielmarke von 80 Prozent anstrebe.

Kommt der Industriestrompreis doch?

Anders als Bundeskanzler Olaf Scholz würde die Partei-Doppelspitze Saskia Esken und Lars Klingbeil auch einen mit Steuermitteln subventionierten Industriestrompreis begrüßen – als eine „zeitlich befristete“ Maßnahme, „um Planungssicherheit für grüne Investitionen zu schaffen“, wie das RND aus dem Entwurf zitiert. Auf diese Weise unterstützte Unternehmen müssten sich im Gegenzug aber „zu effizienterem Energieeinsatz und klimaneutralem Umbau ihrer Anlagen verpflichten“.

Um „kleinere und mittlere Betriebe und Haushalte“ von höheren Strompreisen zu entlasten, wolle die SPD eine ganze „Palette von Maßnahmen“ treffen. Auch hier wurden Einzelheiten noch nicht veröffentlicht.

Der Fahrplan zum Reformpaket

Zunächst soll sich am Montag, 6. November, das Parteipräsidium mit dem Leitantragsentwurf befassen. Der gesamte Parteivorstand soll seinen Segen dann am 13. November geben, bevor die Delegierten des Berliner Bundesparteitags zwischen dem 8. und 10. Dezember in Berlin darüber abstimmen sollen.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion