Lichtverschmutzung fördert Psychosen, Angststörungen, Depressionen & Co

Viel Sonnenlicht ist gut für die Gesundheit, für Kunstlicht gilt dies nicht: Insbesondere die nächtliche Lichtverschmutzung erhöht das Risiko psychischer Erkrankungen.
Lichtverschmutzung schlecht für mentale Gesundheit
Luftbild einer hell beleuchteten Großstadt.Foto: iStock
Von 13. Oktober 2023

Vor der Erfindung der Elektrizität und der ersten Glühbirne im 19. Jahrhundert lebte und arbeite der Mensch mit der Natur. Sobald die Sonne am Morgen aufging, begann der Arbeitstag und endete meist mit dem Sonnenuntergang. Kleinere Tätigkeiten konnten zwar noch bei Kerzenschein oder am Feuer erledigt werden, doch ansonsten waren die Nächte – abgesehen vom Mond – von natürlicher Dunkelheit geprägt.

Heute ist dies wegen der unzähligen künstlichen Lichtquellen und der immer vorhandenen Elektrizität anders. Nimmt das künstliche Licht in der nächtlichen Dunkelheit überhand, führt dies zu starker Lichtverschmutzung, was nachweislich für Lebewesen ungesund ist.

Diese Tatsache scheint sich enorm auf die psychische Gesundheit der Menschen auszuwirken, wie eine aktuelle und mit fast 87.000 Teilnehmern bislang größte Studie auf diesem Gebiet zeigt. Demnach haben jene, die vermehrt nächtlichem Licht ausgesetzt sind, ein stärkeres Risiko für Angstzustände oder posttraumatische Belastungsstörungen. Weiterhin neigen diese Menschen eher dazu, sich selbst zu verletzen.

Wichtiger noch sei jedoch die Erkenntnis, dass ein vermehrter Aufenthalt in Tageslicht zur Verringerung des psychischen Risikos beitrage, so die Forscher der Monash University in Melbourne (Australien). Damit wirke die Natur wie ein nicht-pharmakologisches Mittel.

„Nachts das Licht meiden“

Konkret ermittelten Studienleiter Professor Sean Cain und seine Kollegen bei denjenigen, die nachts einer hohen Lichtmenge ausgesetzt waren, ein um 30 Prozent höheres Risiko für eine Depression. Hielten sich die Menschen tagsüber bei hohen Lichtmengen auf, sank jedoch das Risiko einer Depression um 20 Prozent. Ähnliche Ergebnisse wurden für selbstverletzendes Verhalten, Psychosen, bipolare Störungen, Angststörungen und posttraumatische Belastungsstörungen festgestellt.

Laut den Forschern deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass die einfache Praxis „nachts Licht meiden und tagsüber Licht suchen“ ein wirksames Mittel zur Verringerung schwerer psychischer Probleme sein könnte.

„Unsere Ergebnisse können enorme Auswirkungen auf die Gesellschaft haben“, so Cain. „Sobald die Menschen verstehen, dass ihre Lichtexposition einen starken Einfluss auf ihre psychische Gesundheit hat, können sie einfache Maßnahmen ergreifen, um ihr Wohlbefinden zu optimieren. Es geht um helles Licht am Tag und Dunkelheit in der Nacht.“

Im Rahmen der Studie wurden die Teilnehmer auf ihre Lichtexposition, ihren Schlaf, ihre körperliche Aktivität und ihre psychische Gesundheit hin untersucht. Laut Cain seien die Auswirkungen des nächtlichen Lichteinflusses unabhängig von der demografischen Zusammensetzung, der körperlichen Aktivität, der Jahreszeit und des Jobs.

Unsere Ergebnisse waren auch dann stimmig, wenn man Schichtarbeit, Schlaf, Leben in der Stadt oder auf dem Land und die jeweilige Gesundheit berücksichtigte.“

Mensch nicht für Lichtverschmutzung gemacht

Der Mensch in der modernen, industrialisierten Zeit habe das natürliche biologische System auf den Kopf gestellt. Demnach sei das menschliche Gehirn dafür entwickelt, dass es tagsüber am besten bei hellem Licht und nachts bei fast keinem Licht funktioniere.

„Der heutige Mensch stellt diese Biologie infrage, denn er verbringt etwa 90 Prozent des Tages in geschlossenen Räumen bei künstlichem Licht. Dieses ist im Vergleich zu den natürlichen Licht- und Dunkelheitszyklen tagsüber zu schwach und nachts zu hell. Das verwirrt unseren Körper und schadet uns“, erklärt Cain.

Die Studie erschien am 9. Oktober 2023 im Fachjournal „Nature Mental Health“.



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