Deutschland schiebt deutlich mehr Asylbewerber ab
In den meisten Bundesländern ist die Zahl der Abschiebungen in den ersten Monaten des Jahres gestiegen, in einigen sogar um ein Vielfaches, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Betroffen sind vor allem Asylbewerber vom westlichen Balkan, also aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens und aus Albanien.
Hintergrund ist ein starkes Plus bei den Asylanträgen, nicht nur von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten wie Syrien und dem Irak, sondern vor allem vom Westbalkan. So schnellte nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die Zahl der Anträge aus Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro, Mazedonien, Kosovo und Albanien von 16 096 in den ersten vier Monaten 2014 um mehr als das Dreieinhalbfache empor auf 58 338 im gleichen Zeitraum dieses Jahres.
Teilweise leiden diese Ländern zwar unter wirtschaftlicher Not und instabilen politischen Verhältnissen – doch als Asylgrund reicht das nicht. Zudem sind Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien als sichere Herkunftstaaten eingestuft; die Ablehnung von Asylanträgen ist in diesen Fällen leichter möglich.
Die Zahl der Abschiebungen generell ist vor allem in Bayern, Hamburg, Bremen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern gestiegen. Ein Überblick:
BAYERN/BREMEN: Dort lag die Zahl der Abschiebungen in den ersten Monaten bereits auf dem Niveau des gesamten vergangenen Jahres, in Bayern sogar deutlich darüber.
So wurden im Freistaat bis Ende Mai 1216 Ausländer abgeschoben, im Gesamtjahr 2014 waren es 1007. Das Innenministerium führt die Entwicklung darauf zurück, dass es mehr Asylbewerber vom Westbalkan gab. Auch die Zahl freiwilliger Ausreisen dürfte gestiegen sein: Die der staatlich geförderten Ausreisen stieg bis Ende April um etwa die Hälfte auf 1319; bei Ausreisen ohne Förderung, für die noch keine Zahlen vorliegen, erwartet das Ministerium ebenfalls einen Anstieg.
Im kleinsten Bundesland Bremen wurden bis Ende April 12 Asylbewerber abgeschoben – beinahe so viel wie im vergangenen Gesamtjahr, als es 15 waren.
BERLIN/HAMBURG/MECKLENBURG-VORPOMMERN/HESSEN/NIEDERSACHSEN/ BADEN-WÜRTTEMBERG: Auch in diesen Ländern hat sich die Zahl der Abschiebungen deutlich erhöht.
In Mecklenburg-Vorpommern gab es bis 20. Mai zweieinhalbmal so viele Abschiebungen in Länder des Westbalkans wie im Vorjahreszeitraum: 149 gegenüber 59. „Um auch in Zukunft Bürgerkriegsflüchtlinge und politisch verfolgte Menschen bei uns aufnehmen zu können, müssen wir offensichtlich unbegründete Asylbewerber aus dem Balkan so schnell wie möglich zurückschicken“, sagte Innenminister Lorenz Caffier (CDU).
In den ersten vier Monaten stiegen die Zahlen der Abgeschobenen nach Angaben der jeweiligen Innenbehörden in Berlin von 211 auf 261 (überwiegend Serben und Bosnier), in Hessen von 152 auf 275 (hauptsächlich Serben, Kosovaren und Somalier) und in Niedersachsen von 85 auf 198. In Hamburg waren es nach Angaben der Innenbehörde im ersten Quartal 101 Menschen – im gesamten Vorjahr 334. In Baden-Württemberg wurden bis Ende März 349 Menschen in ihre Heimat abgeschoben oder im Rahmen der sogenannten Dublin-Verordnung in die europäischen Länder zurückgeschickt, in denen sie zuerst angekommen waren. Im Vorjahreszeitraum waren es 241.
BRANDENBURG/THÜRINGEN/SACHSEN/SAARLAND/SACHSEN-ANHALT: In diesen fünf Ländern gab es in den ersten Monaten im Vergleich zum Vorjahr weniger Abschiebungen. Das hat den Ausländerbehörden zufolge auch mit einer Informationskampagne des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu tun. Dabei wurde vor allem im Kosovo über die Aussichtlosigkeit der Anträge informiert. „Diese Maßnahmen haben innerhalb kurzer Zeit zu einem starken Rückgang der Antragszahlen aus dem Kosovo geführt“, berichtetet eine Bundesamtssprecherin.
In Sachsen etwa verringerte sich die Zahl der Abschiebungen in den ersten vier Monaten im Vergleich zum Vorjahr um 137 auf 311 Fälle. In Sachsen-Anhalt sagte ein Sprecher des Innenministeriums: „Die rückläufige Asylantragstellung insbesondere von kosovarischen Staatsangehörigen dürfte auch auf die eingeleiteten Maßnahmen zurückzuführen sein.“
ANDERE LÄNDER: Mehrere Länder haben noch keine Zahlen für die ersten Monate.
Das Integrationsministerium in Rheinland-Pfalz berichtete, dass 926 Menschen aus den Westbalkanstaaten bis Mai freiwillig ausgereist sind oder abgeschoben wurden. Dies sei geschätzt eine Verdreifachung der Quote des Vorjahres. „Das Rückführungsgeschehen wurde von den Ausländerbehörden des Landes in diesem Jahr deutlich intensiviert“, hieß es.
In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein lagen noch keine Zahlen für das laufende Jahr vor.
(dpa)
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